In Führung gehen
Autor: Frank-Eric Müller
Der Bestatter als Chef
Die Kunst, Mitarbeiter zu führen
„Sucht man in der Literatur nach einer Definition des Begriffes ,Führung‘, so findet man in der Regel eher einseitige Sichtweisen was die Beeinflussungsrichtung angeht. Es wird davon ausgegangen, dass ausschließlich die Führungskraft die ihr unterstellten Mitarbeiter in ihrem Handeln beeinflusst. Dass jedoch Führung auch immer einen wechselseitigen Prozess zwischen der Führungsperson und dem ,Geführten‘ beinhaltet, wird in vielen Begriffsabgrenzungen nicht berücksichtigt“, schreibt Stephanie Weber in ihrem Buch „Führung von unten“.
Der Internetsprachübersetzer „langalot“ übersetzt „Führung“ z. B. mit: „Führung ist der Versuch, steuernd und richtungsweisend auf das Verhalten von sich selbst und von anderen Menschen einzuwirken, um Ziele zu erreichen.“
Häufig wird „Führung“ verbunden mit: Ausübung von Autorität, Macht und Herrschaft, Orientierungshilfe, Erbringung von Koordinierungs-, Regel- und Steuerungsleistungen, Kontrolle oder der Übernahme von Verantwortungs- sowie Repräsentationspflichten.
Viele Unternehmen orientieren sich jedoch mit ihrem Führungsverständnis an einer Definition des Schweizer Dozenten Prof. Dr. Rolf Wunderer – Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen: „Führung wird verstanden als ziel- und ergebnisorientierte, aktivierende und wechselseitige, soziale Beeinflussung zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben in und mit einer strukturierten Arbeitssituation. Mitarbeiterführung gestaltet die Einflussbeziehungen in führungsorganisatorisch differenzierten Rollen im Rahmen von Arbeitsverträgen“.
Stephanie Weber legt in der o. g. Definition Wunderers von Führung, einen Akzent auf das Stichwort „wechselseitige …“ und führt aus: „Auch die hierarchisch unterstellte Person kann demzufolge mit Hilfe ihres Verhaltens durchaus in verschiedenen Situationen Einfluss auf ihren Chef ausüben. Diese Möglichkeit resultiert aus der Tatsache heraus, dass bei menschlichen Beziehungen jedweder Art ein gewisses Verhalten in der Regel eine bestimmte Reaktion hervorruft. So besteht für den ,Geführten‘ ein gewisser Handlungsspielraum wie er sich seinem Chef gegenüber verhält. Er hat zum Beispiel die Möglichkeit nüchtern anhand von Fakten von einer Idee zu überzeugen oder er versucht zunächst ein persönlicheres Verhältnis zu seinem Vorgesetzten aufzubauen. Die Auswahl bzw. der gezielte Einsatz der Beeinflussungsmethoden ist natürlich in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation sowie von der Persönlichkeit und dem Führungsstil des Chefs zu treffen.“
Mit anderen Worten: Mein Verhalten hat u. a. Auswirkungen auf Führung.
In der Tat, die gängigen Überlegungen zum Thema Führung in der Literatur zentrieren sich auf das Wie? Wer eine „Wahnsinnskarriere“ anstrebt und dazu „Die 30 Erfolgsgeheimnisse der Führungselite“ lüften oder „Die Kunst der Motivation“ erlernen will, wird rasch fündig. An Ratgebern für den Weg nach oben mangelt es wahrlich nicht.
Daneben gibt es aber auch noch die Frage nach dem Wer? Wer ist der, der führt? Führung hat neben den erlernten Führungsinstrumenten auch etwas mit dem eigenen Selbst und der eigenen Persönlichkeit zu tun. Wie jemand mit sich selbst und anderen umgeht, hängt u. a. auch von der eigenen Biografie, dem Persönlichkeitsmodell oder dem Menschenbild ab – und den Taten.
Gerald Huesch – Chairman & CEO der Global Leadership School – resümiert: „Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die Tatsache, dass die Führungskraft das Klima der Organisation und somit das Unternehmensergebnis als Ganzes beträchtlich beeinflussen kann, von großer Bedeutung ist. Unterschiedliche Führungsstile haben differierende Wirkungen, die direkt die Mitarbeiter in der Organisation betreffen und somit den unternehmerischen Misserfolg oder Erfolg beeinflussen. …
… Dass die Führungskraft eine außergewöhnliche Wirkkraft auf die einzelnen Mitarbeiter, auf Gruppen und das ganze Unternehmen haben kann ist hinreichend bekannt. Doch wie bei geschäftlichen Erfolgen gehen diese meist nur aus Taten hervor. Nun müssen Führungskräfte die Lücke zwischen Wort und Tat schließen, wenn sie wirklich Leader werden wollen. An Wissen und Können fehlt es in der Geschäftswelt nicht.“
Dem „Erfolg-ist-machbar“-Trend hält zur Zeit der Philosoph Ferdinand Rohrhirsch, Privatdozent an der Katholischen Universität Eichstätt, entgegen: „Führung kann man nicht lernen“. In seinen Ausführungen zum Thema legt Rohrhirsch dar, dass Führungswerkzeuge zwar wichtig, aber nicht das Erfolgsgeheimnis schlecht hin sind: „Nicht das Werkzeug macht den Meister zum Meister, sondern die Erfahrung im Umgang damit“. Also: Zur Führungskraft werde ich, wenn ich Führung ausübe, lerne, mich weiterentwickle und meine angelegten Potentiale ausbaue. Das gilt auch für die Führung von Projekten und das Führen von Teams und Beratungen durch Moderation. Allerdings – so Rohrhirsch – gehört dazu auch die Fähigkeit, „sich selbst zu erkennen und anzunehmen in der ganzen Brüchigkeit und Vergänglichkeit der eigenen Existenz“. Klingt hochphilosophisch, könnte aber ein Aspekt sein, der in der eignen Führungsentwicklung eine Rollen spielen könnte.
Wir wissen: Sämtliche Mitarbeiter – vom Chef bis zur Schreibkraft – tragen auf ihre Art zum Erfolg der Firma bei und sind damit gleichermaßen wichtig. Freilich hat nicht jeder dieselben Fähigkeiten. Wer von seinen Mitarbeitern hohen Einsatz erwartet, sollte sie in ihrer Begrenztheit ernst nehmen und gezielt ihre Stärken fördern statt sie allgemeinen Leistungszielen zu unterwerfen. Die Mitarbeiter als Person zu achten – das klingt so trivial und ist doch ungeheuer schwierig.
Ein Kriterium zur Ausgestaltung einer „guten Führungskraft“ ist die Arbeit an der eigenen Person. Das ist ein lebenslanges und mühevolles Unterfangen. Helfen kann dabei ein Coach, der aber nicht jene klassisch-neutrale Haltung einnimmt, sondern dem Chef oder der Chefin in seinem und ihrem permanenten Sinn- und Wertkonflikt mit anderen Werten und Ansichten konfrontiert und dabei als Coach über hohe Lebenserfahrung und tiefe Einsichten in die Lebenszusammenhänge verfügt.
Laut Umfragen in einigen Großbetrieben möchten Mitarbeiter einen Chef / eine Chefin haben,
… der keine Angst hat. Weder vor seinem Chef, noch vor seinen Mitarbeitern. Weder vor einer schwierigen Aufgabe, noch vor möglichen Fehlschlägen.
… der bereit ist, letzte Entscheidungen selbst zu verantworten und sie auch durchzusetzen.
… der den Belastungen standhält. Der kritisch und dennoch kommunikativ ist.
… der ihnen auch einmal die Meinung sagt, wenn es nötig ist und dabei nie die Selbstbeherrschung verliert.
… der sachlich gut Bescheid weiß, aber auch zugibt, dass er nicht alles wissen kann.
… der zuverlässig ist und bei dem man weiß, woran man ist.
… der ihnen aufmerksam zuhört, wenn sie mit ihm sprechen.
… der für seine Mitarbeiter eintritt, wenn er der Überzeugung ist, dass sie im Recht sind.
… auf den man stolz sein kann.
Diese Auflistung macht wohl noch einmal deutlich, dass Führung nach Persönlichkeit verlangt. Führung ist mehr als nur angelerntes Wissen oder der korrekte Umgang mit Führungswerkzeugen. Sie muss getragen sein von dem Menschen, der sie lebt.
Die Bestatter-Akademie setzt mit den Seminaren und Themen genau hier an: Neben der Wissensvermittlung soll die Persönlichkeit des Menschen gefördert werden. Besuchen Sie unser Seminar „Führungskräftetraining“.