
Gefühlsfallen im Job
Autor: Frank-Eric Müller
Vom kleinen Ärger zur großen Wut?
Gefühlsfallen im Job
Bei mir gibt es einen „Raum der Stille“. Es ist ein Raum, in dem man allein sein kann. Ein Schild an Tür mit der Aufschrift „bitte nicht stören“ verrät, dass er von jemanden benutzt wird. Das Zimmer ist schlicht eingerichtet, mit bequemen Sesseln und großen Fenstern. Die Blick in die Weite lädt ein, gedanklich auf Reisen gehen.
Den „Raum der Stille“ benutze ich regelmäßig. Bewusst. Ich verlasse mein Büro und gehe in dieses Zimmer, um allein zu sein. Hier will ich nicht arbeiten, sondern hier gehe ich auf die Jagd.
In diesem Raum bin ich dem kleinen Ärger auf der Spur. In den Weiten meiner Erlebnisse und Gefühle gehe ich so lange auf die Pirsch, bis ich seine Fährte aufgenommen habe. Manchmal bekomme ich ihn gedanklich vor die Flinte – den kleinen Ärger – und kann ihn identifizieren. Manchmal entkommt er mir und ich weiß, er wird wachsen. Aus dem kleinen Ärger wird die große Wut.
Der kleine Ärger lauert überall. Wenn man zum Beispiel morgens kurz vor dem Frühstück feststellt, dass anscheinend über Nacht die Kaffee-Filtertüten aus gegangen sind, kann er einen anspringen. Oder wenn das Lieblingslied im Autoradio von einer Verkehrsdurchsage abgewürgt wird. Wenn der Stamm-Parkplatz vorm Lieblingsbäcker belegt ist. Oder wenn man im Betrieb angemuffelt wird. Der kleine Ärger lauert auch in Bestattungshäusern. Er sitzt manchmal unter dem Beratungstisch. Er hockt im Mitarbeiterraum. Er verkriecht sich in der Schaufensterdeko oder er versteckst sich still und leise im Auto auf dem Weg zum Friedhof.
Sind wir bereit, den kleinen Ärger in uns aufzunehmen, ohne ihn gleich zu verarbeiten, dann sammeln wir ihn und legen ihn irgendwo in unserem Unterbewusstsein ab. Irgendwann reicht dann der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Dann hat sich soviel vom kleinen Ärger angestaut, dass er wächst und wächst, bis hin zur großen Wut. Dann müssen „wir mal Dampf ablassen“ – so sagen wir. Derjenige, der dann diesen Dampf abbekommt, ist oftmals gar nicht der ursprünglicher Auslöser unserer Ärger-Gefühle. Konflikte sind so vorprogrammiert.
Das Gefühl Ärger ist ein idealer Nährboden für Konflikte. In der konstruktiven Streitkultur gehen wir davon aus, dass Konflikte zwischen Menschen normal sind, eben weil wir unsere Gefühle nicht abstellen können. Es gibt kein menschliches Zusammenleben, ohne Konflikte. Dass das auch für die Bestattungsbranche gilt, zeigt die tägliche Realität. Die Frage ist also nicht, wie vermeide ich einen Konflikt, sondern wie trage ich ihn aus?
Ich lade Sie ein, in ihren „Raum der Stille“ zu kommen. Nehmen sie bitte in einem bequemen Sessel Platz, schließen sie die Tür, hängen sie das Schild „bitte nicht stören“ daran und gehen sie auf Jagd – ganz leise und hochkonzentriert.
Folgende Fragen können als „Munition“ dienen:
- Was ärgert Sie an Ihrem Unternehmen am meisten? Was ist es genau?
- Gibt es jemanden in Ihrem beruflichen Bereich (eigenes Unternehmen, Friedhof, Steinmetz, Floristen, Kirche, Kunden, etc), der Ihnen „schwer im Magen“ liegt? Wer ist das?
- Besteht ein Zusammenhang zwischen der Person, die Ihnen „schwer im Magen“ liegt und der Sache, über die Sie sich ärgern? Wenn Ja, welchen?
- Was passiert mit Ihnen, wenn Sie mal „Dampf ablassen“? Wer bekommt das mit? Wie reagiert diese Person? Was löst die Reaktion dieser Person bei Ihnen aus?
- Wann gab es den letzten offenen Konflikt in Ihrem Unternehmen (also nicht den inneren Ärger Einzelner, den niemand äußerlich bemerkt hat)? Was war eigentlich der Anlass dafür? Was hätte man tun müssen, diesen Konflikt weiter zu schüren? Inwiefern waren Sie daran beteiligt?
- Auf einer Skala von 0 bis 10: Wie ausgeprägt ist eine konstruktive Streitkultur in Ihrem Unternehmen? (0: Gar nicht. Was lange gärt wird endlich Wut. 10: Sehr gut. Wir wissen, dass Konflikte zum Leben gehören und wir lösen sie direkt, offen, ehrlich und sehr transparent.)
- Wer kritisiert in Ihrem Betrieb wen, mit welchem Ergebnis?
- Durch welche Konflikte haben Sie persönlich eine positive Veränderung bewirkt und oder erlebt?
- Welche Chancen stecken Ihrer Meinung nach in einem „gut“ ausgetragenen Konflikt? Nennen Sie sich selbst möglichst viele positiven Eigenschaften eines Konfliktes.
- Je nach unserer Persönlichkeit, tragen wir Konflikte unterschiedlich aus bzw., neigen zu einem uns üblichen Konfliktverhalten. Zum Beispiel: eher abwarten oder eher flüchten oder eher kämpfen oder eher nachgeben oder eher Kompromisse schließen. Zu welchem Konfliktstil neigen Sie?
- Wenn Sie in Ihrem einen Konflikt erleben, welche Möglichkeiten zur Konfliktlösung werden von wem in welchen Situationen vorgeschlagen? Auf welche Weise wird versucht, die Möglichkeiten der Konfliktlösung umzusetzen?
- Stress von Außen ist oftmals ein Auslöser für innere Konflikte, die sich dann auf andere Menschen übertragen können. Was stresst Sie am meisten? Was tun Sie nicht!, wenn Sie gestresst sind?
- Wie regenerieren Sie sich am besten von Stress? Was machen Sie konkret? Wie oft machen Sie das?
Die Bestatter-Akademie bietet nicht nur offene Seminare und In-House-Schulungen an, die Sie als BestatterInn in Ihrer beruflichen Profession unterstützen (Juristisches Wissen, Fachwissen, architektonische Beratung, Kommunikation, etc.) Wir bieten auch Seminare, individuelle Coachings oder Gespräche an, die Sie als Mensch weiter bringen können. Gerade diese „weichen Faktoren“ wie „Zeitmanagement“, „Konfliktmanagement“, „Rollenklärung“ oder „Teamentwicklung“ machen oftmals den Unterschied.